Munchmuseet, MM K 2973

MM K 2973, Munchmuseet. Ikke datert. Brev fra Elisabeth Förster-Nietzsche.

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    Aus dem Nietzsche-Archiv
von
Elisabeth Förster-Nietzsche.


    Es ist mir vergönnt, den Freunden des Nietzsche-
Archivs nachfolgende Mitteilung zu machen, die mir in dieser furchtba-
ren Zeit die einzige Freude ist und als Trost und Stolz erscheint, daß trotz
der widerlichen Zeitströmungen der Geist Friedrich Nietzsches lebt und
wirkt. Herr Consul Christian Lassen in Hamburg hat dem Nietzsche-
Archiv, um drei Ehrenpreise zu 1500 M. auszuteilen, 5000 M. gesandt
und folgende drei Bücher, die wir sehr hoch schätzen und auszuzeichen
wünschen, dazu vorgeschlagen:

    Die Worte, die Herr Consul Lassen seiner Gabe
beifügte, sind mir aus dem Herzen geschrieben und geben die Erklär-
ung, weshalb die Auszeichnung der drei Bücher jetzt gerade so unge-
meine wertvoll ist. Er schreibt:

    „Der Entschluss entspringt meiner leidenschaft-
lichen, in der hohen geistigen Welt Nietzsches geschulten, Besorgnis um
die Cultur Deutschlands, die ich in grosser Gefahr wähne, trotz der mäch-
tigen Antriebe, die die völlige Umwälzung möglicherweise in sich
birgt. Nicht die Veränderung des Staatsgebildes, nicht der Verlust der
politischen Macht, nicht eine neue Wirtschaftsordnung oder der Zwang
zu beschränkter Lebensführung sind der deutschen Culturvertiefung
unbedingt feindlich – vernichtend droht nur die Möglichkeit oder die
Wahrscheinlichkeit zu werden, dass wir neben oder anstelle von Nietz-
sches „Bildungsphilister” und den Scharen pöbelhafter Emporkömmlin-
ge im Händlertum jetzt eine Anzahl halb- oder ungebildeter
politischer Schwätzer männlichen und weiblichen Geschlechts bekommen.

 

      

    Es versteht sich von selbst, dass das wichtigste Menschheitsproblem, das der
Rangordnung, auf dessen psychologische Erkenntnisse
und eigene innere Erfahrung alle Kultur, Sozial-Ethik und Politik be-
ruhen sollte, diesen Unberufenen ganz unverständlich ist. Die Folgen
dieser Unkenntnisse sind Fehlgriffe unheilvollster Art, z. B. die beabsich-
tigte Einheitsschule, die sicher nicht der Boden ist, der uns je wieder gro-
ße, wissenschaftlich geschulte Geister, wie Goethe, Schopenhauer, Nietzsche
u. A. schenken wird – oder die unglückliche Sucht, die Frau zu „politisieren”
anstatt die weibliche Eigenart und deren Notwendigkeit für die
Vitalität der Nachkommenschaft zu erkennen.

    Es erscheint mir unter diesen Umständen eine
Notwendigkeit, den kleinen Kreis derer, die wirklich noch die Leiden-
schaft und das Gefühl der Verantwortung für die geistige Macht
Deutschlands haben, auf litterarische Werke hinzuweisen, die – gründ-
lich und wiederholt gelesen – den Widerspruch gegen die unheilvolle
geistige Verflachung ins hellste Licht rücken. Solche Werke möchte ich
durch zukünftige „Ehrenpreise des Nietzsche-Archivs in Weimar” aus-
gezeichnet und bekanntgemacht wissen, damit Jeder, der in Zu-
kunft in irgend einem Sinne „Führer” sein will, sich dem bedrückenden
Zwange der Massenphraserei entziehen kann.”