Munchmuseet, MM K 2838
MM K 2838, Munchmuseet. Datert 09.09.1914. Brev fra Max Linde.
Forklaring av tegn og farger i visningen
NB: Kombinasjoner av virkemidlene forekommer!
Munchs skrevne tekst
overstrøket tekst
Munchs skrevne tekst
Munchs skrevne tekst
tekst skrevet av andre enn EM selv
store strykninger gjort med strek, kryss el.l.
fet tekst er trykt tekst
{overskrevet tekst}
\tilføyd tekst i linjen/
tilføyd tekst over linjen
tilføyd tekst under linjen
lakune/uleselig tekst merkes med ...
‹uklar/vanskelig leselig tekst›
endring av rekkefølgen på ord
Billederne forhåbentlig2 bliver1 god
DR. MAX LINDE
Lieber Herr Munch,
Soeben erhielt ich Ihr
Telegramm mit der Anfrage,
ob ich radierte Kupferplatten
durch Lübeck nach Norwegen
expedieren könne. Aus Ihrer
Anfrage schliesse ich, dass
Sie der Meinung sind, Ihre
Platten und Kunstwerke könnten
hier in Gefahr sein. Dies ist
nicht der Fall. Würden Sie
einen Blick in unseren Garten
und unser Haus tun, so würden
Sie sehen, dass alles wie im
tiefsten Frieden ist bei uns, so-
dass man sich fragen muss, ob
draussen an den Grenzen der
grausigste Krieg droht, den die
Weltgeschichte je sah. Da
LÜBECK, 9.9. 14
RATZEBURGER ALLEE 16.
RATZEBURGER ALLEE 16.
Lieber Herr Munch,
Soeben erhielt ich Ihr
Telegramm mit der Anfrage,
ob ich radierte Kupferplatten
durch Lübeck nach Norwegen
expedieren könne. Aus Ihrer
Anfrage schliesse ich, dass
Sie der Meinung sind, Ihre
Platten und Kunstwerke könnten
hier in Gefahr sein. Dies ist
nicht der Fall. Würden Sie
einen Blick in unseren Garten
und unser Haus tun, so würden
Sie sehen, dass alles wie im
tiefsten Frieden ist bei uns, so-
dass man sich fragen muss, ob
draussen an den Grenzen der
grausigste Krieg droht, den die
Weltgeschichte je sah. Da
leider unsere Feinde nicht auf-
hören, die Welt mit Lügen zu
erfüllen, während unser Vaterland
keine Möglichkeit hat, durch
direkten Kabel diesen Lügen
entgegenzutreten, so halte ich
es für meine nationale Pflicht,
auch Ihnen, lieber Munch, der
Sie ja unser Deutschland kennen,
zu schreiben, wie es steht, und
bitte Sie, Ihren Landsleuten diese
Wahrheit mitzuteilen, wie ja auch
kürzlich der frühere Reichskanzler
v Bülow Ihrem Landsmann Björnson
den Stand der Dinge enthüllte.
Also, unser friedliebendes Volk
ist von den stets Rache dürstenden
Pariser Schreihälsen und Advokaten,
den wüsten Panslavisten, den
konkurrenzneidigen, schäbigen
Engländern und den schuftigen
Japanern überfallen und mit
Krieg überzogen. Eigentlich war
1916 abgemacht; der Bande kam
der Mord in Serajewo zu früh. So
mussten sie auf Geheiss des Zaren,
dem sie sich als Kulturländer (!)
verschrieben, schon jetzt losschlagen,
wohl zu früh. Wir haben beispiellose,
grandiose Haltung bewahrt. Das
ganze Volk dieser gewaltigen Über-
macht gegenüber unverzagt, einig
ruhig, gefasst, kühn und mutig!
In völliger Ruhe vollzog sich die
gewaltige Mobilmachung. Alles
klappte bis ins Kleinste. Keine Über-
stürzung; voller Ernst nahmen die
Männer von ihren Frauen und Kindern
Abschied, die Söhne von ihren Eltern.
Über eine Million stellten sich frei-
willig. Es gab keine Parteien, kein
Unterschied zwischen arm und reich.
Jeder, auch der einfachste Arbeiter
tut seine Pflicht und die Frauen
und Kinder widmeten sich dem
roten Kreuz oder der Ernte. So
standen wir am Ende August bereits
mit schönen Erfolgen da, und
heute, kaum sechs Wochen nach
der ersten Mobilmachungsordre
haben wir ganz Belgien (mit Aus-
nahme von Antwerpen) und fast
das ganze nördliche Frankreich erobert
und unsere Kanonen donnern vor
Paris. Auch im Osten haben wir die
Russen bei Tannenberg geschlagen
und 90000 Gefangene gemacht
und sämmtliche Geschütze des 5
Armeekorps starken Feindes erbeutet.
Im Süden Russlands haben auch
die Österreicher schöne Siege erfochten,
wenn sie auch Lemberg aus strate-
gischen Rücksichten aufgeben
mussten. Wir wissen, dass das Ende
dieses entsetzlichen Krieges noch lange
nicht abzusehen ist, dass noch viele
Tausende ihr Leben lassen müssen
für das Vaterland, aber das Eine
wissen wir, Jeder von uns, dass wir
siegen werden, und dass dann ein
stärkeres deutsches Reich entstehen
wird, das den Feinden unmöglich
machen wird, jemals wieder solchen
frivolen Krieg zu beginnen.
Meine Frau und die Kinder lassen
herzlich grüssen. Sie würden uns, lieber
Herr Munch, sehr erfreuen, wenn
Sie uns von Ihrem Ergehen Mitteilung machten.
In alter Freundschaft Ihr M Linde