Munchmuseet, MM K 3935

MM K 3935, Munchmuseet. Datert 12.12.1933. Brev fra Carl Georg Heise, Museum für Kunst- und Kulturgeschichte.

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    Deutscher Gruss an den norwegischen Maler
Edvard Munch
zum 70. Geburtstag 12. Dezember 1933


    Gesprochen von Dr. Carl Georg Heise
Direktor des Museums für Kunst- und
Kultusgeschichte
in Lübeck.

 

      
    
    Guten Abend, lieber, verehrter Herr Munch!
 Nun ist meine Stimme
mitten in Ihrer hohen, lichten Werkstatt, die für mich eines Hei-
ligtümer der alten Welt ist und ich darf Ihnen die Grüsse der grossen,
ständig wachsenden Zahl Ihrer deutschen Frende bringen. Ihre elasti-
sche ritterliche Gestalt spottet der sieben Jahrzehnz\t/e Ihres Erdenda-
seins und Ihr Auge, das die Welt für uns alle neu gemacht hat –
dadurch, dass es nicht neugierig einsaugt, was es ringsum sieht, sondern
aus der Tiefe des eigenen Wesens eine Fülle inneren Reichs\t/ums aus-
schüttet über Erde und Menschen, Formen des Geistes, Farben der Seele,
dies viel leidende, aber immer wieder siegreich-strahlende Auge ist
ohne Alter. Alle werden durch die Zeugnisse Ihrer Kunst an der Kraft
dieses Sehens teilhaben, wenn längst Ihre irdischen Augen nicht mehr
unter uns sind.

    Ich weiss, Sie haben ein beglückendes Vorgefühl für das Wei-
terleben des Geistgeschaffenen über die Grenzen von Raum und Zeit hinaus.
Sie sind schon heute in diesem anderen, weiteren Felde des Wirkens ganz
zu Hause, vielen nicht mehr ein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern ein
Mythos, der das Schaffen neuer Generationen beflügelt. Und in der tiefen
Einsamkeit Ihres Einsiedlerlebens auf dem bergigen Grundstück hoch über
der Statd Ihrer Väter verbinden Sie sich gern, ich weiss es, durch die
Wunderkraft der Technik, die Ihnen die Stimmen aller Völker in Ihren
Stillen Raum leitet, mit dem Geschwätz und mit den Grosstaten der Erde.
Ihnen zwar ist’s kaum ein Wunder, Ihnen, dem längst, längst die magische
Verbindung der Seelen und der Naturkräfte so selbstverständlich ist wie
graphischen Räume. Ihnen ist die Ferne und zugleich die Gegenwart meiner

 

      
    –2–

Stimme, eine überzeugende Tatsache – Sie nehmen diesen Zauberbesuch
nicht anders auf, mit der gleichen souveränen Selbstverständlichkeit,
wie meinen letzten körperlichen Besuch bei Ihnen als mich das Wasser-
flugzeug von Travemünde nach Oslo brachte und bei der Ankunft, k\g/anz so
als könne es nicht anders sein, die erste Hand, die sich dem Ankok\m/menden
entgegenstreckte, weite draussen auf dem in den Fjord hinausgebauten Lan-
dungssteg, die Ihrige war. Sie wussten: was mich trieb, das war nichts
Anders als Sie, nur Sie zu sehen – so taten Sie das Letzte, um jede
Dazwischenkunft störender Alltäglichkeiten zu beseitigen und zogen seln\b/ss\t/
den Wunschgetriebenen aus dem Hohlraum des Flugzeugs, von dem Sie mein-
ten – Gegenwart und Mythos verknüpfend – er gleiche dem Bauche des Wal-
fischs, der den Propheten Jonas über die Fluten trug. So wird es blei-
ben, sehr verehrter, lieber Herr Munch. Und die Verzauberten, deren Zahl
rasch wachsen wird, die werden immer reibungsloser den Weg zum Herzpunkt
Ihres grandios fortphilosophierende Gesprächsart, den Gedanken noch in
Aeonen weitertreiben: wenn längst keine bemalte Leinwand, kein grafi-
sches Blatt von Ihrer Hand mehr sollte sich erhalten haben, die Quint-
essenz Ihrer unter vollem Lebenseinsatz geleisteten Arbeit wird sich
dem Weltstoff so unlösbar verbunden haben, dass sie ein Teil von ihm ge-
worden sein wird. Sie wissen es, das heisst: Unsterblichkeit.

    Und nun erlauben Sie, dass ich den vielen Mithörern unserer Ge-
burtstagsunterhaltung von dem Erlebnis bei meinem letzten Besuvh in
Skoien berichte, das meine Phantasie zu so hohem Fluge angetrieben hat.
Wir gingen durch Ihre selvsterbauten Freiluftwerkstätten, eine Unzahl
halb vollendeter, z.T. durch die Einwirkung der Witterung halb zerstör-
ter Meisterwerke hing herum. Und immer wieder erneute sich auf diesen

 

      
    –3–

Leinwänden der Kamp um nur wenige, gleichbleibende Themata von hoher,
weltanschaulicher Bedeutung; nur das ist ja Ihres Pinsels würdig: zu er-
kennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält”. Und als ich mich beso\-/
sorgt erkundigte, ob nischt dies kostbare Gut besser geschützt werden kön-
ne und erkundigte, ob nicht dies endgültige Fassung sei, die für die Nachwelt
gültige, da haben Sie mir mit Ihrer Antwort eine unvergessliche Lehre
gegeben. Nicht auf das solsches. Dass hin und wieder Wunschbild und Leistung
irgendwo an einer noch so verborgenen Stelle der Welt restlos zur Ueber-
einstimmung gebracht werden, das und das allein, sei des Künstleres ewige
Mission. Und dies Unsichtbare sei die bewegende Kraft der Welt.

    Was mögen die Hörer von uns denken, die ein „Lebensbild” des
grossen nordischen Malers erwarten haben? Darf ich ihnen sagen, dass
Sie selbst keinen grossen Wert darauf legen, dass die Welt Ihre Lebens-
daten und die Stationen Ihres Kampfes kennen lernt und dass es Ihnen
genug sei, wenn dies seltsame Gespräch diesem oder jenem Anlass werde
zur sto\i/llen Versenkung in Ihr Lebenswerk? Ich weiss, Sie stimmen mir
bei und ich möchte hinzufügen für alle die, die Ihnen noch ferne ste-
hen: in dieser heroischen Lebensleistung vollzieht sich nach jahrzehn-
telanger Vorherrschaft des französischen Impressionismus der Durch-
bruch des germanischen Weltgefühls in der europäischen Malerei. Ist
das nicht Grund genug für uns Deutschen zu tiefgefühlter Dankbarkeit?
Leben Sie wohl, lieber Herr Munch, und glauben Sie an unserer unwan-
delbare Verehrung.