Munchmuseet, MM K 2387
MM K 2387, Munchmuseet. Datert 19.05.1933. Brev fra Curt Glaser.
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Curt Glaser
Mein lieber alter Freund,
seit dem ich Ihnen das letzte
Mal geschrieben habe, hat sich so vieles
hier ereignet, daß ich Ihnen ein ganzes
Buch schreiben müßte, wenn ich Ihnen
alles der Reihe nach erzählen wollte.
Es ist mit einem Worte so, daß seit
dem Tode meiner Frau die ganze Welt
meiner Vergangenheit Stück um Stück
zusammengebrochen ist, bis auch nichts
mehr davon übrig bleibt. Es begann
scheinbar mit einer Kleinigkeit, mit
dem Tode meines Hundes. Es war nur
ein Signal, dem alles andere folgte. Ich
mußte meine Wohnung aufgeben, ich
habe mein Amt verloren. Da ich es
sinnlos fand, jetzt eine neue große
19. 5. 33
Mein lieber alter Freund,
seit dem ich Ihnen das letzte
Mal geschrieben habe, hat sich so vieles
hier ereignet, daß ich Ihnen ein ganzes
Buch schreiben müßte, wenn ich Ihnen
alles der Reihe nach erzählen wollte.
Es ist mit einem Worte so, daß seit
dem Tode meiner Frau die ganze Welt
meiner Vergangenheit Stück um Stück
zusammengebrochen ist, bis auch nichts
mehr davon übrig bleibt. Es begann
scheinbar mit einer Kleinigkeit, mit
dem Tode meines Hundes. Es war nur
ein Signal, dem alles andere folgte. Ich
mußte meine Wohnung aufgeben, ich
habe mein Amt verloren. Da ich es
sinnlos fand, jetzt eine neue große
Wohnung zu mieten, habe ich mich von
all meinem alten Besitz frei gemacht,
um irgend einmal wieder ganz neu anzu-
fangen. Ihre Bilder hängen als Leihgabe im
Kronprinzenpalais, und sie mögen dort
bleiben. Aber alles, was mich belastete,
mußte schwinden. Ich fühle mich freier
seit dem, und glücklicherweise zeichnet sich
in all dem Zusammenbruch auch ein neuer
Aufbau ab. Ich lebe seit einiger Zeit
wieder mit einer Frau, die sehr viel jünger
ist als ich, aber mir sehr eng verbunden ist.
Ich hätte nie geahnt, daß es so kommen
könnte, und ich habe nichts dazu getan,
daß es so kam. Aber ich bin wohl nicht
für das Alleinsein geschaffen, und heut,
wo es mir besonders schwer sein würde,
die Schläge des Schicksals ohne die Hilfe
und die Liebe eines anderen Menschen zu
tragen, bin ich doppelt froh, daß ich die Frau
gefunden habe. Ich hätte gern, daß Sie sie
auch kannten, und ich würde Ihnen gern
einmal erzählen, wie das Schicksal wirklich
sichtbar immer wieder in mein Leben ein-
gegriffen hat, um mich dahin zu führen, wo
ich jetzt stehe. Vielleicht läßt es sich er-
möglichen, daß ich im Laufe des Sommers
einmal nach Skandinavien komme. Es gibt
da ja im Anfang September einen Kunsthisto-
riker-Kongreß in Stockholm. Jedenfalls
würde ich sehr gern nach so langer Zeit
Sie einmal wiedersehen und mit Ihnen von
alten und neuen Dingen in Ruhe plaudern.
Ich freute mich, durch Herrn Grevenor
gute Nachrichten von Ihnen zu erhalten.
Ich wüßte aber gern noch mehr und vor
allem, wie es mit Ihrer Arbeit steht. Ich
weiß nicht einmal genau, wo Sie jetzt
leben. Mich selbst erreichen Briefe vor-
läufig über meine alte Adresse. Ich denke,
daß ich mich bald auf eine längere
Sommerreise werde begeben können, da
ich ja nun durch keine dienstliche Pflicht
mehr hier zurückgehalten bin.
Und nun alles gute für Sie und
viele herzliche Grüße von Ihrem
alten Freunde
Curt Glaser