Munchmuseet, MM K 2417

MM K 2417, Munchmuseet. Datert 28.08.1910. Brev fra Eberhard Grisebach.

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VILLA FONTANA.
DAVOS-PLATZ


    
d. 28. VIII. 10.



    Hochverehrter lieber Herr Munch,


    kurz vor meiner Abreise traf
Ihr herrliches Bild in Jena
ein, Ihr Brief erreichte
mich in Zürich, erst in Davos
komme ich dazu Ihnen für
beides herzlich zu danken.
Ich komme mir recht un-
bescheiden vor, dies Bild
unter meinen Wünschen
genannt zu haben, denn
von der Schönheit u. Kraft

 

      

hatte ich doch keine Erinne-
rung mehr. Ich habe in
den letzten Jahren an Genuss-
fährigkeit zugenommen, son-
derlich sind mir die Farben
heute wichtiger als damals
in Warnemünde. So war ich
denn ganz gefangen und
überrascht von dem einklang
des Bildes. Es wird gegen-
über meinem Schreibtisch
in einem hellen warmen Licht
hängen, ret\c/hs u links
sollen zwei Ihrer Lithogra-
phien Platz finden. Noch
aber sind meine Möbel
nicht fertig geworden

 

      

Erst am 1 Okt. soll alles fertig
sein, bis dahin bin ich in die
Schweiz geflüchtet, um nach
hater Arbeit mich einige Wochen
ein Hochgebirge zu erholen.
So hoffe ich auch für den
Winter unten gefeit zu sein.
Ich liess meine Frau und
meinen kleinen vier Wochen
alten Sohn Lothar in Jena
zurück. Es ist ein gesunder
starker Bub, der uns geboren
wurde, Eucken brachte
das erste Hoch auf den jüngsten Philosophen von
Jena ans. Ich wünsche

 

      

ihm Freude an der Kunst
und einen praktischen Sinn.
Anfang October muss ich
zur Hochzeit meines jüngsten
Bruders, zur Zeit Architekt
in Hamburg, in Berlin sein.
Erst am 6 oktober  … \w/erde
ich wieder in Jena seintreffen.
Darf ich bis dahin meine
Geldsendung aufschieben,
da ich vorher das Geld
sh\c/hlecht flüssig machen
kann?, ich werde es dann
sofort nach Ordnung meines
Hauswesens von Jena nach
Kragerö senden.

 

      
    II.

    Meine Reise führte mich
über Frankfurt u. Darmstadt
nach Zürich. In F. sah
ich eine Kunstschau, die nichts
aufregendes enthielt, die
Stadt treibt Lokalpatrio-
tismus und verehrt Böhle
einen bäurischen altmodischen
Herrn, der alte gute Kuchen
aufwärmt, aber kein neues
Gewürz, keine neue Form
bringt. In Darmstadt
hat H. Kessler in Olbrichs
leztem Bau auf der Mathilden-
höhe den deutschen Künstler
bund
geordnet, um zu

 

      

zeigen, dass wir in der Gesamm Kommentart-
heit einem einheitlichen Z\St/iel
zustreben. Da hing Weiss
mit seinen Frauenakten die
sich alle unb\e/quem ein Rah-
men herumdrücken und
keine Einheit besitzen. Slevogt,
vielleicht das malerischte
Talent, langweilt durch
ewiges einerlei. Karl Hofer
interessierte mich noch am
meisten. Er hat sich in Paris
etwas Farbe geholt, seine
strengen römischen Bilder
sind lockerer geworden,
er hat wenigstens Probleme,
und Einheit. Die Weima-
raner v. Hofmann u. Makensen

 

      

sind nach Ihren ersten ‹gerten›
Ausätzen vor 10 Jahren tru\a/u-
rig zu beobachten. Hofmann
will monumental u. fa\r/big
sein, giebt aber nur vergrösser-
te Zierleisten und verwechselt
fabig und bunt. Er ist
wie ein Lyriker der Kommö-
dien \u. Tragodien/ dichten will auf\zu/ seiner
Pfeife.      Freude machte mir
in Darmstadt das Bau-
handwerk, dem der Gross-
herzog w\v/iel gute Gelegenheit
giebt,\./ Ich besuchte dort
einen Studienfreund, der
in seinen alten Bauformen
stecken blieb und keine

 

      

neue Möglichketen in sc\i/ch
fand, und darauf kommt
es doch allein an.

    In Zürich hat die Kunst
schon ein anderes Gesicht.
Die Stadt baute ein neues
Künsterhaus, einfach und
geschmackvoll. Da herrsc … \h/te
eine Farbenfreudigkeit,
Hodler Amiet, Giocometti
F\T/rachsel, Auberjounois,
Blanchet etc, v\v/iele gute
Aus\s/ätze, v\v/iel K\K/ampf, ich
glaube die Schweiz hat
Deutschland besiegt.
Dort gehörten Ihre Bilder
hin, dort würden Sie gut
verstanden werden, man
würde Ihre Überlegenheit er-
kennen, von der ich überzeugt bin.

    An Ihrem Brief hatte ich grosse Freude.  In grösster
Verehrung
 Ihr Freund E. Grisebach.