Munchmuseet, MM K 2423

MM K 2423, Munchmuseet. Datert 29.10.[????]. Brev fra Eberhard Grisebach.

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29.X. Jena Kaiser Wilhelmstr 34.



    lieber Herr Munch,


    herzlichen Dank für Ihren Brief
der rechtzeitig eintraf, um nach
Ihren Angaben eine Preistabelle
der gesandte Graphik anzuferti-
gen. Ich habe von allen Blättern
gleich ein Verzeichnis gemacht,
sie nach Möglichkeit nach dem
Schiefler Katalog bestimmt, Jahres-
zahlen und Preise hinzugefügt.
In Stralsund hatte man die
Sendung am Zoll länger auge-
halten als nötig, so dass ich
die Ausstellung erst am 20ten
erf\ö/ffnen konnte, was aber zeitig
genug ist, da das Universitäts-
leben erst beginnt. Die Ra-
dierungen tat ich meist in

 

      

weisse Wechselrahmen, die
Lithographien\e/n in dunkle
mit einer Unterlage von grauen-
Papier. d\D/ie grösseren Blätter
liegen oder stehen auf graube-
spannten Platten unter Glas.
Die Zusammenstellung von Ge-
mälden und Graphik in einem
Raum macht sich sehr gut.
Das Bild unter dem Baum
nimmt eine Schmalwand
ein und macht sich in gedämpf-
ten warem Licht sehr gut.
Herr Kollmann machte auf
seiner Durchreise hier Station
und berichtigte die Ausstellung
und gab noch Rat für einige
Änderungen das Licht be-
triffend, den ich ‹f›\g/ern befolgte.

 

      

Ich freute mich sehr über seinen
Besuch. Wie besahen die Univer-
sität zusammen und alte Häuser
seiner Vorfare\hr/en, in denen er die
alten guten Geister begrüsste.
Am nächsten Sonntag 12 Uhr
vormittags wird Dr. C. Glaser
aus dem Berliner Kupferstich-
kabinett
im Ausstellungsraum
auf meine Bitte einen Vortrag
über Ihre Kunst halten, wozu
Ihre Wa\e/imarener Freunde ein-
geladen sind. Frau Förster Nietzsche
sandte die thün\r/ingische Land-
schaft und einige Blätter für
Ihre Ausstellung. Auerbachs
lud ich vor der Eröffnung
zu einer privaten Besichtigung
ein, die ihnen Freude machte.

 

      

Dass ich selbst an dem Arrangie-
ren des Ganzen die grösste Freude
haben, können Sie sich denken.
Wer hälte das vor 5 Jahren ge-
dacht, dass ich einmal Lei‹tt›\de/r
des Jenenser Kunstvereins werden
sollte. Ich glaube nun auch
fest daran, dass wir uns ‹a›\b/ald
einmal treffen, damit sich
der Schiksalsring schliesst,
der meine Entwicklung so eng
mit Ihrer Kunst verknüpft hat.
Sollten Sie ungern nach Jena
kommen, so bin ich gern berei‹d›\t/
mit Ihnen an einen andern
stillen Ort zusammenzutreffen.
Doch würde ich Ihnen gerne
zeigen, wie ich hier lebe und
mit den grossen Zeiten von Weimar
und ihren Geistern in Verbindung
stehe.

 

      
    II.

    Neben meinem Arbeitzimmer
das ich getrennt von meiner
Wohnung in botanischen Garten
habe, schrieb Goethe seine Wahl-
verwandschaften, seine Visiten
karte liegt noch auf seinem
Schreibpult. Die Bäume die er
selbst pflanzte sind jetzt gross,
Herr Kollmann steckte sich
einige welke Blätter andächtig
in seine Brieftasche. Ich ar-
beite jetzt sehr fleissig in der
Philosophie und schreibe eine
Arbeit uber die verschiedenen
Philosophien in der Gegenwart.
Die nächste Woche habe ich
eine Vortrag zu halten über
die Rickertsche R\K/ulturphiloso-
phie und das Weltproblem.

 

      

Es war ein Glück, dass Sie vorhin-
dert waren mich in Frankfurt
zu treffen. Ich wurde zwei Tage
vor meiner geplanten Abreise
sehr Krank und hatte drei qual-
volle Tage und Nächte, die mich
den w\W/ert des Lebens wieder ein-
mal schätzen lehrten. In Frank-
furt traf ich dann Herrn Koll-
mann, der mir von Ihnen er-
zählte und mir seine Porträt-
radierung für die Kunstsamm Kommentar-
lung des Kunstvereins schenkte.
Wir besahen zusammen die
sehr schöne Ausstellung französ-
sii\s/cher Kunst.

    Nun wollte ich noch von
Ihren Bildern sprechen.

 

      

    „Unterm Baum” machte mir einen
sehr starken harmonischen Ein-
druck. Mystik und Realistik
sind darin glücklich vereint.
die Gruppe der ha\o/ckenden Mäd-
chen ist ‹l›\m/eistr … \er/haft. Hat man
die im Licht fast aufgehenden
Mädchen auf der anderen Seite
in Ihren feinen Farbtönen mit
dem Auge erfasst so erscheint
von da aus das Ganze so reich
und kräftig in der Farbe.
Viel Freude habe ich an dem
kleinen frühen Waldstück
und am Liebespaar, letzteres
ist stark und einzigartig.
Dr. Reiche hat schliesslich die
Winterlandschaft und die
zwei Akte trotz Reklamation

 

      

nicht gesandt. Ausserdem be-
lastete er den Frachtbrief mit
einer Nachnahme fur das Ein-
packen der Bilder, wie das sonst
bei Kunstvereinen nicht üblich
ist. Ich wollte keinen Strüt und
zerriss einen groben Brief, den
ich schon aufgestzt hatte.
Ich lege Ihnen ein Verzeichnis
der Graphik bei und hoffe alles
zu Ihrer Zufriendenheit ange-
ordnet zu haben.

    Ich gebe die Collektion nicht
an andere ab, bis ich von Ihnen
darüber bestimmte Weisung
erhalte.

    Meine Bilder ans Köln fügte
ich der Ausstellung bei.

    
    In alter Verehrung und mit
freundlichen Grüssen
 Ihr
Eberhard Grisebach.