Munchmuseet, MM K 2839
MM K 2839, Munchmuseet. Datert 29.06.1920. Brev fra Max Linde.
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Ratzeburger Allee 16
Lieber Herr Munch,
Erinnern Sie sich noch Ihrer alten Freunde? Unter ganz
veränderten Umständen leben wir hier jetzt in Ihrem „zweiten
Vaterland”, wie Sie es einst nannten. Schon lange wollte
ich Ihnen schreiben, um zu erfahren, wie es Ihnen geht und
was Sie jetzt schaffen. Die grossen Wandgemälde der Christian-
ia-Universität, das war das letzte, was ich – allerdings in
Reproduction von Ihnen gesehen hatte; ich fand, dass Sie noch
gewachsen waren. Es ist hier in Deutschland immer noch viel
Interesse für Kunst und hohe Preise werden bezahlt. Oft kommen
Kunstfreunde von fern und nah, um Ihre Werke bei mir zu
bewundern. Ich habe noch alle Rodins und Gemälde von Ihnen
(mit Ausnahme des Erdsegen). Ich werde auch sehen, alles zu
behalten, da ich mit meinen Kunstwerken verwachsen bin.
Leider musste ich mich von den französischen Gemälden trennen.
Denn die furchtbare Teuerung zwang mich, zu verkaufen. Den
Garten habe ich noch unverändert. Meine Frau ist seit Jahren
bettlägerig; Theodor, (der zweite) aus dem Kriege mit Tuberkulose
zurückgekehrt. Die anderen Jungen sind heil geblieben. Lothar
war Fähnrich zur See (der Jüngste), als die Revolution aus-
brach. Seitdem sind schwere Zeiten über Deutschland herein-
gebrochen. Es ist erschütternd, wie mir Reisende erzählten,
wenn man über die Grenze kommt, die Veränderung zu sehen,
welche das einst so fleissige, ordentliche und strebsame
Volk, durchgemacht hat. Überall sieht man sorgenvolle
Menschen, abgehärmte Gesichter, blasse Kinder und Frauen.
überall haben Sie den Eindruck der Ärmlichkeit
und Nervosität. In den Nachtlokalen aber wüstes
Treiben der Revolutionsgewinnler. Wer rücksichtslos ist,
sucht an die Krippe zu kommen und hat gut zu essen.
Leider geht der ganze Mittelstand zu Grunde. Die
Söhne früher wohlhabender Eltern können nicht mehr
studieren; nur der Arbeiter verdient gut; jedoch bei
der Teuerung hat er nichts von den hohen Löhnen.
Ich zahle jetzt z.B. für meinen Garten allein 30000 M.
Löhne jährlich. Sie können sehen, lieber Munch,
dass selbst das grösste Vermögen nicht mehr hinreicht,
einen mässigen Luxus zu treiben. Die meisten Leute aus
dem Mittelstand leben vom Kapital, um sich, wenn
es aufgezehrt ist, um das Leben zu bringen. Es werden
noch viel Selbstmorde kommen. Die ganz kleinen
Rentner, von denen hier viele in Lübeck leben, ich
meine Pastoren Wittwen, Lehrerpensionäre, alte kleine
Rentner, die sich zur Ruhe gesetzt haben, nagen am
Hungertuch und müssen sterben. Es sieht sehr schlecht
aus um Deutschlands Zukunft. Dass wir so unter die
Füsse gekommen sind, ist die Folge einer schlechten
Regierung, welche durch Übertreibungen den Sozialismus
gezüchtet hat. Der Sozialismus bedeutet aber Herdentum,
Züchtung niederer Instincte und schliesslich Pöbelherrschaft.
Seien Sie, lieber Munch, herzlich gegrüsst
von Ihrem alten Freund
Max Linde
An Kollmann habe ich auf Wunsch seines Neffen einen Nachruf ge-
schrieben. Kollmann verdiente es, wieder zu erstehen; er war eine Persönlichkeit.